Unfolding Complexities
In dem Konzert „Unfolding Complexities“ werden zeitgenössische Werke reflektiert, analysiert und erkundet. Im Fokus liegt das Kennenlernen und Verstehen von neuen, komplexen Mustern. Im Laufe des Abends wird eine Bandbreite von zeitgenössischen Werken von den beiden Musiker:innen interpretiert und kompositorische, wie auch interpretatorische Prozesse offengelegt und somit die Möglichkeit eines neuen Verständnisses geschaffen. Es besteht aus zwei Teilen:
- Die Geigerin Judith Fliedl legt besonderen Fokus auf die Interpretation zeitgenössischer Werke im Zusammenhang mit der Vermittlung von Emotionen, der eigenen Körperlichkeit und neuen Konzepten des Musik-Verstehens. Im Mittelpunkt steht das Erschaffen und Ergründen von der Beziehung zwischen der Musikerin und dem Publikum. Im Rahmen einer Experimentalreihe erforschte Judith Fliedl gemeinsam mit Proband:innen mithilfe von phänomenologischen Analysemethoden die Wechselseitigkeit der Wahrnehmung des Gehörten. Der Aspekt des direkten Erfassens von Erfahrungen durch Interpretation des Publikums soll die Möglichkeiten von neuen Konzerterfahrungen eröffnen. Im Mittelpunkt der Experimentalreihe standen Malin Bångs Stück “när korpen vitnar….” sowie Rebecca Saunders Stück “Hauch”. Die Erkenntnisse dieser Experimente führten zur Entstehung des Werks “Begegnungen“, komponiert von Gerard Erruz. In diesem Stück werden die Ausdrucksmöglichkeiten von außermusikalischem Material im musikalischen Diskurs erforscht. Ziel der Komposition ist es, eine neue Wechselbeziehung zwischen Klang- und Aufführungselementen zu erreichen, um somit die Vermittlung von Empfindungen und Gefühlen zu erforschen. Ein speziell konzipiertes Bühnenbild durchbricht die übliche Distanz zwischen Interpretin und Publikum und ermöglicht den zuhörenden Personen in einen 1:1 Dialog mit der Musikerin zu treten. Zudem werden mithilfe von elektronischen Klanginstallationen (4 im Raum verteilte Lautsprecher) Empfindungen, die im Zusammenhang mit den Emotionen der Violinistin stehen, zu Gehör gebracht. Dieser Aspekt soll die Möglichkeit des “gemeinsamen Fühlens” verstärken. Die Geigerin befindet sich in der Mitte des Saals, in einem abgegrenzten Bereich, der den Zuhörer*innen die Möglichkeit bietet, sich während der Aufführung der Interpretin zu nähern. Wenn die zentrale Position frei ist, kann sich jeweils eine Person dorthin begeben, um mit der Darstellerin zu interagieren. Während der Aufführung wird das Publikum aufgefordert, sich im Saal zu bewegen und den Klängen aus den Lautsprechern zu lauschen. Jeder Lautsprecher erzeugt eine spezifische Klanglandschaft – somit verändert die Bewegung im Saal die Wahrnehmung der Szene. Vor der Performance wird der Prozess der Experimentalreihe beschrieben, sowie ein Gespräch zwischen der Geigerin und dem Komponisten Gerard Erruz geführt, das einen Einblick in ihre gemeinsame Arbeit ermöglichen soll.
- In der zweiten Hälfte des Konzerts erarbeitet der Gitarrist Zsombor Sidoo die Wandlung und Etablierung des amerikanischen Komponisten Elliott Carter. Das Ziel dieser Konzertprogramm-Gestaltung ist, analytische Erkenntnisse aus der Aufführung bzw. aus einer Interpretation zu erwerben. Das Programm konzentriert sich auf die komplexe Sprache der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Eine quasi-ritornelle Form wird durch die Miniaturen von György Kurtág etabliert. Sein Werk zeichnet sich durch Verdichtung im Maßstab und durch eine besondere Unmittelbarkeit des Eindrucks aus, die ein bewusstes Zuhören sowohl des Interpreten als auch des Zuhörers ermöglicht. Ziel ist es, diese Haltung auf andere Kompositionen dieses Programms zu projizieren, darunter Werke von E. Krenek, E. Carter, H. Birtwistle und R. Haubenstock-Ramati, um verschiedene Aspekte des Komponierens der 12 Tontechnik zu präsentieren. Grundsätzlich bringt eine “gute” Interpretation die Struktur einer gegebenen Komposition zum Vorschein, aber in vielen Fällen widersprechen die Angaben der Komponisten der zugrundeliegenden Struktur. Eine “künstlerische” Einsicht in die Aufführung dieses Repertoires sollte sich mit der Verbindung von musikalischen Gedanken und Prinzipien befassen, die die Vorgänge des menschlichen Geistes beim Hören von Musik betreffen. Das Ziel des Konzertes ist es, dem Publikum diese spezifische musikalische Sprache näher zu bringen und gleichzeitig die tiefere Bedeutung der aufgeführten Stücke zu erschließen.
In the concert “Unfolding Complexities”, contemporary works are reflected upon, analyzed and explored. The focus is on apprehending and understanding new, complex structures. Throughout the evening, a wide range of contemporary works will be interpreted by the two musicians, revealing compositional and interpretative processes and thus creating the possibility of a new understanding. The concert consists of two parts:
- The violinist Judith Fliedl concentrates on the interpretation of contemporary works in connection with the communication of emotions, her own physicality and new concepts of understanding music. The focus is on creating and exploring the relationship between the musician and the audience. In the work “Begegnungen”, composed by Gerard Erruz, the expressive possibilities of non-musical material are explored in musical discourse. The aim of the composition is to achieve a new interrelationship between sound and performance elements in order to explore the communication of sensations and feelings. A specially designed stage set breaks through the usual distance between performer and audience and enables the listeners to enter into a 1:1 dialog with the musician. In addition, electronic sound installations (4 loudspeakers distributed around the room) are used to make sensations related to the violinist’s emotions audible. This aspect is intended to reinforce the possibility of “feeling together”. The violinist is located in the center of the hall, in a delimited area that offers the audience the opportunity to approach the performer during the performance. When the central position is free, one person at a time can go there to interact with the performer. During the performance, the audience is invited to move around the auditorium and listen to the sounds of the loudspeakers. Each loudspeaker creates a specific soundscape – thus the movement in the hall changes the perception of the scene. Before the performance, a conversation will be held between the violinist and the composer to provide an insight into their joint work.
- In the second half of the concert, guitarist Zsombor Sidoo elaborates on the establishment of Elliott Carter’s compositional style. The concert program reveals analytical insights attained from the interpretation as well as from the performance itself. The program focuses on the complex musical language of the 20th and 21st centuries. A quasi-ritornello form was established through the miniatures of György Kurtág. His work is characterized by compression in scale and a particular immediacy of impression, which enables conscious listening on the part of both the performer and the listener. The aim is to project this attitude onto other compositions in this program, including works by E. Carter, E. Krenek, H. Birtwistle Gy. Kurtág and R. Haubenstock-Ramati, which present different aspects of composing with the 12 tones of the chromatic scale. An “artistic” insight into the performance of this repertoire should deal with the connection of musical thoughts and principles concerning the processes and experience of the mind when listening to music. The concert aims to bring the audience closer to this specific musical language and, at the same time, to open up the deeper meaning of the pieces performed.
Programm:
Malin Bång När korpen vitnar…
Rebecca Saunders Hauch
Gerard Erruz Begegnungen
Judith Fliedl, Violine
PAUSE
György Kurtág Calmo, scorrevole
Ernst Krenek Suite für Gitarre solo Op. 164
Elliott Carter Shard
György Kurtág Cantabile; Ondulation
Roman Haubenstock-Ramati 2 Preludes
György Kurtág ***
Harrison Birtwistle Guitar and White Hand
György Kurtág Russian; Parlando
Elliott Carter Changes
György Kurtág Calmo, dolcissimo, lontano
Zsombor Sidoo, Gitarre
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